Nicht weg mit den alten Zöpfen...
sondern auch mal was anderes probieren, neue Wege
gehen, experimentieren...., ..... Spass, Orginalität,
Erotik, Urlaubs – und Alltagsgeschichten hineinbringen.....Streit,
Liebe, Kinder ......usw
Warum nicht auch mal alte, bekannte
Gedichte heranziehen und sich davon inspirieren lassen
Literarische Werke zu Grunde legen,
überarbeiten, aufs Wesentliche kürzen, neu
fassen...
Mit anderer Kunst kombinieren.........
Musik , Tanz , Fotos , Malerei , Performance , Fluxus
Ich habe einige Jahre mit der Fachhochschule
Wiesbaden und den Fluxusfreunden Wiesbaden, gemeinsame
Abende gestaltet... mit dem Titel :
Fluxus trifft Haiku
Kunst und Töne mischen sich
Gehn neue Wege
Musikalische Begleitung erfolgte mit einem japanischen
Zupfinstrument, dem Koto
2004 bin ich auf einer Fluxusreise mit der Transsibirischen
Eisenbahn bis Tokio gefahren und kam natürlich
auch mit dortigen Haikudichtern in Berührung
.In Japan ist es zumindest ein sehr gebräuchliches
Stilmittel sich literarischen Anspielungen zu bedienen...
Der Autor bezieht sich hierbei auf Zitate und kleine
bekannte Gedichte und erschließt dem Haiku dadurch
eine ganz andere, tiefere und weitere Bedeutungsebene...
Bei uns ist diese Version eines
Haikus meines Wissens noch nicht so
üblich... Ich hab mich jedoch schon seit Jahren
von anderen Dichtern inspirieren lassen und Teile
ihrer Werke in Haikus umgewandelt... Ich betrachte
das nicht als Gedankenklau... sondern ganz einfach
eine neue Variation zu einem bekannten Thema , eine
andere Versform – lehrreich und amüsant
Zum Beispiel von
Emmanuel Geibel:
|
Jockel Kroecker:
|
Herbstlich sonnige Tage
Mir bescheiden zur Lust
Euch mit leichtem Schlage
Grüßt die atmende Brust |
Herbstsonnenstrahlen
lustvolles Klopfen im Herz
tiefes Einatmen
|
Geschichtliche Themen , die Mythologie
, die Politik oder zeitgenössische Kunst und
Künstler ...dies alles kann und soll Assoziationen
wecken und dem Haiku neue Dimensionen eröffnen
Die Variationen zu einem neuen
Haiku beginnen in dem Moment wo ich ein Gedicht lese
und mich mit ihm auseinandersetze...es kann ein bekannter
Dichter sein aber auch jemand aus meiner Haikugruppe
der mir sein Gedicht mailt und mich inspiriert, ihm
mit einem Gegengedicht zu antworten... Es entsteht
in diesem Falle so etwas wie ein
TANKA RENKA – ein Kurzkettengedicht oder WAKA
- ein Antwortgedicht
Gottfried Kinkel, geistliches Abendlied / Jockel
Kroecker
...hat Rosen ihr geschenkt
und Dornen ihr gebracht t
wirf ab –Herz -was dich kränkt
und was dir Sorgen macht
|
Von meinem Liebsten
bekam ich Rosen geschenkt
Am Stiel sind Dornen
|
Roswitha Junker
|
Jockel
Kroecker
|
Blicke treffen sich
versinken ineinande
heißes Begehren
|
Blicke treffen sich
doch nach kurzem verweilen
wenden sie sich ab
|
der Mähdrescher kommt
leuchtender Mohn im Kornfeld
das ist das Ende |
Es fehlt der Klatschmohn
Wo sind die Kornblumen hin ?
Die Welt – im Feld –fällt
|
|
Suchende Blicke
leuchtende Frauenaugen
Da ..ein Schuhgeschäft |
Für den unkundigen Leser ,der
den Hintergrund dieser Haikugedichte nicht kennt ist
es natürlich schwierig einen Bezug zum Ursprung
zu finden....aber jeder Leser interpretiert ein Gedicht
auf seine Weise ..obwohl hier alles klar und eindeutig
beschrieben ist ..was man von neueren aber auch historischen
Haikus nicht immer behaupten kann. Die Übersetzung
aus dem japanischen bringt da natürlich auch
so einige Schwierigkeiten mit sich ...
Die meisten Autoren behandeln momentane
Erlebnisse , Empfindungen und versuchen diese Gedankenverbindungen
und Bilder in leicht hingeworfenen Aquarellen aufzufangen
die durch eine natürliche Fügung ,eine in
sich geschlossene lyrische Stimmung von einheitlicher
Bildkraft zu erzeugen vermögen ...
Um Haiku zu schreiben werde ein
Kind...
Wir Erwachsenen sind schon erzogen, verzogen , verdorben
– und kennen nicht mehr die kindliche Einfachheit
der Worte und des unbekümmerten Sehens , selbst
in der kleinsten Kleinigkeit noch etwas ganz besonderes
zu entdecken
Ich habe gerade mit meinen Enkelkindern
die Versuchsreihe von lustigen und begeisternden Sätzen
durchzumachen wie :
Das ist aber nicht gerecht - ich hab den Teddy sehr
lieb – und Kunstwörter jeglicher Form
wie Luftbaleume ,Popapier und Takenuss ... ich könnte
das beliebig fortsetzen .
Auf alle Fälle massenhaft irgendwelche gehörten
und zusammengesetzten Floskeln die dich manchmal zu
einem richtigen Gedicht zusammenfügen..... Dem
Haiku nicht unähnlich ... wo wir doch auch hier
versuchen eine momentane Situation in wenigen Worten
zusammenzufassen...
Das sind für die Kinder magische Worte , die
sie da unkontrolliert und unzensiert von sich geben,
die ihnen gefallen und die sie uns mitteilen wollen
..
Geht es uns bei einem Haiku
nicht genauso ? Ist das Haiku nicht die erwachsene
Form eines Kindergedichtes ? Eine Magie , die auch
uns überfällt und eine Verbindung zur unverdorbenen
Kindheit bringt- mit dem Glauben an glücksbringende
Worte ?